I did it my way oder was ist Stil?

Ich neige zeitweise zu Selbstzweifeln! Im Großen und Ganzen lasse ich mir nicht gerne in meinen Geschmack, sei es was mein Äußeres betrifft oder ganz allgemein, hinein reden. Weil ich meinen ganz eigenen habe – in punkto Kleidung, Einrichtung oder Essen! Deshalb blogge ich! Aber es gibt Momente, da wackelt mein Fundament.

Neulich zum Beispiel war eine bekannte deutsche Modebloggerin im Fernsehen, ich weiß ihren Namen nicht mehr… Sie erzählte von ihren vielen Events, dass sie gerade von einer berühmten Modemesse kommt und eigentlich gar keine Wohnung bräuchte, weil sie die meiste Zeit des Jahres unterwegs sei. Sofort meldete sich bei mir das schlechte Gewissen, weil ich den überwiegenden Teil meines Lebens daheim verbringe, außer wenn ich Urlaub mache. Darf ich es mir unter diesen Umständen überhaupt anmaßen, über Trends zu schreiben oder Freundinnen zu beraten? Noch dazu sind bei mir aufgespritzte Lippen, Stupsnase, Brustvergrößerung, tätowierte Augenbrauen, Wimpern bis zu den Augenbrauen und künstliche Fingernägel Fehlanzeige. Ich falle komplett aus dem Raster! Meine Sinnkrise war perfekt!

Nun schaue ich mir den Großteil der Bevölkerung an, wenn ich nicht gerade in München auf der Maximilianstraße oder in Berlins Szenevierteln unterwegs bin, und frage mich, wer von ihnen würdevoll Mom-Fit-Jeans tragen kann oder karierte Kniestrümpfe in Pumps?
Dann fiel mir schicksalshafter Weise ein Buch in die Hand, das mein Mann mir vor zwei Jahren zum Valentinstag geschenkt hat. Der Zeitpunkt hätte nicht passender sein können, es erst jetzt zu lesen, denn schon nach ein paar Seiten, fiel mir ein großer Stein vom Herzen!

Das Buch trägt den verheißungsvollen Titel „How to be Parisian wherever you are“ und ist von vier Pariser Freundinnen geschrieben, die sich über Liebe, Stil und die französische Lässigkeit auslassen. Schon nach der ersten Seite waren mein Leben und mein Selbstbild wieder in Ordnung! Natürlich maße ich mir nicht an, mich mit einer Pariserin zu vergleichen, die für mich zu den schönsten und stilsichersten Frauen der Welt gehört! Aber ich erkenne mich in ihrer Einstellung wieder und atme auf, dass ich nicht hinterm Mond lebe oder keinen oder einen schlechten Stil habe, nur weil ich keine Jeans mit Löchern, signalhaft prangende Logos oder bauchfreie Tops trage!

Am Anfang werden ein paar Lebensweisheiten aufgezählt, die man sich jeden Abend vorm Schlafengehen aufsagen soll… Zum Beispiel: „Hab keine Angst vorm Altwerden„. In der Tat hasse ich meine Geburtstage wie die Pest, weil ich nicht gerne älter werde! Ist es dann nicht inkonsequent, dass eine Beauty-OP für mich nicht in Frage kommt? Auch darauf wird von den Autorinnen eingegangen… Mittlerweile maximal eine OP an einer Stelle, wenn es sich um einen gravierenden Makel handelt, ansonsten gekonnt, aber lässig kaschieren! Bis vor kurzem waren operative Eingriffe gänzlich tabu…

[…] die Pariserin [hält] fast liebevoll an ihren kleinen Fehlern fest (eine kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen, zu buschige Augenbrauen oder eine markante Nase): Das alles sind Zeichen einer gewissen Charakterstärke und erlauben es ihr, sich schön zu fühlen, ohne perfekt sein zu müssen.“
Ist das nicht beruhigend? Ich habe mich richtig gefreut, als ich das gelesen habe, denn das bringt es auf den Punkt! Gibt es heute noch Frauen, ich denke da in erster Linie an Promis, die ihren eigen Stil haben, in Würde altern und niemandem zum Verwechseln ähnlich sehen? Es waren kürzlich zwei Bloggerinnen in einer Quizshow zu Gast, beide maximal Anfang 20, beide auf den ersten Blick erkennbar bereits operativ optimiert… Ich konnte sie optisch nur dadurch unterscheiden, dass sie jeweils neben männlichen Quizpartnern saßen, die wiederum unterschiedlicher nicht sein konnten…

Zu viel Make-up, zu viele Farben, zu viele Accessoires: Atme tief durch – weniger ist mehr“ – Glück gehabt, denn dieses Zuviel ist wirklich nicht meins! Ich mache mir nicht viel aus Schmuck. Ich besitze eine überschaubare Anzahl echter Stücke. Ein wenig hochwertigen Designer-Modeschmuck, der zeitlos ist und das ein oder andere „Statement-Schmuckstück“, das ein einfaches Outfit aufwertet… So wie es im Buch aufgezählt wird… Alles hübsch in seinen Original-Samttäschchen oder -Schachteln verwahrt und jedes Mal freue ich mich, wenn ich den Deckel meiner Holzschatulle öffne, als wäre es eine Schatztruhe…

Dein Look sollte nie zu durchgestylt sein. Du weißt ja, der Teufel steckt im Detail“ – ich mag es in der Tat unaufgeregter, aber natürlich nicht langweilig… Und ist es nicht so, dass man an einem ganz gewöhnlichen Tag, wo man zufällig nach der nächstbesten Jacke greift, im Nachhinein feststellt, dass sie tausendmal besser zum Outfit passt, als wenn man eine Stunde vorm Kleiderschrank steht und sucht?
Genauso hält es sich mit der Frisur. Da wurschtel ich eine halbe Stunde an meinem Dutt und er will einfach nicht gelingen. Habe ich einmal drauf geschlafen oder stecke ich ihn mir ohne Spiegel, dass mir beim Putzen oder Kochen nicht die Haare ins Gesicht hängen, dann sieht er um Längen besser aus… In meinem Wunder-Buch ist übrigens auch von „herrlich zerzausten Haaren“ die Rede…

Im Bild oben hatte ich übrigens Probleme mit meinem Dutt… Klar, er sollte ja auch fürs Foto sein… Er steht und gelingt mir normalerweise besser…

Die Pariserin kann ohne Jeans nicht leben! Ohne Schnickschnack, ohne Löcher… Sie begleiten auch mich schon mein Leben lang… Ich konnte mich an die Löcher bis hin zu zerschredderten Säumen nie gewöhnen… Und gerade letzte Woche, nachdem ich gelesen hatte, dass Mom-Fit, High-Waist und Schlag die neuen Formen sind, habe ich mich auf die Suche nach eben diesen gemacht. Eine gut sitzende Jeans zu finden ist ohnehin eine kleine Herausforderung… Nun bin ich 1.83 m groß, habe lange Beine und eine weibliche Figur, sprich: ich habe Hüften. Die Verkäuferin hatte mich vorgerwarnt, dass ich Probleme mit der Länge haben werde. Das viel größere Problem war dann die Passform… Mom-Fit ist nichts anderes als Karotte, wie sie bereits in den 80er Jahren modern war. Das steht noch nicht einmal jungen, spindeldürren Teenagern, die damit gerade uniform das Stadtbild prägen! Warum machen Designer so etwas? Wir hatten es doch schon und lästern bis heute darüber…
Es gab einen zweiten Spiegel, der den Sitz der Hose auch von hinten gezeigt hat, was nicht zu meinem Wohlbefinden beigetragen hat! Entschieden habe ich mich wie gehabt für Slim-Fit, maximal Mid-Waist und großen Taschen am Hintern, die ein etwas Mehr an eben diesem geschickt kaschieren!

Es ist auch vom Lieblingsstück die Rede… – […] das unentbehrliche Detail, das aus deinen Klamotten erst ein Outfit macht.“ Es muss nicht teuer sein, „ist dezent, zeitlos und über jeden Trend erhaben.“ Es passt sich jeder Gelegenheit an… Das sind bei mir in der Tat schwarze Leggings, die schon weit über zehn Jahre alt sind. Für viele sind Leggings ein Schimpfwort, was daran liegt, dass sie oft sehr unvorteilhaft getragen werden… Aber meine ist von Wolford und so figurformend, dass sie sogar Shapewear ersetzt! Wenn es schnell gehen muss und ich keine Zeit habe, mir Gedanken zu machen, dann fällt die Wahl immer auf diesen Klassiker. Ob mit einer dicken Strickjacke und Boots, einem schwarzen Oberteil und Pumps, Long-Shirt, Jeansjacke und Sneaker – sie passt immer! Sommer wie Winter…

Die Farbe, die im Kleiderschrank einer Pariserin dominiert: Schwarz! Denn Schwarz passt immer und man kann nichts falsch machen! Schwarz ist „eine durch und durch positive Farbe, die Farbe der Nächte, die niemals enden wollen…“
Ich sehe das genauso! Auch in meinem Kleiderschrank ist Schwarz die vorherrschende Farbe! Es gab Zeiten, da habe ich nichts anderes gekauft, als nur Schwarz, weil mir die Farbe steht, figurfreundlich ist und man immer angezogen ist. Aber irgendwann nahm es doch Überhand und ich hatte Lust auf Farbe…Ich hatte es schließlich in die andere Richtung übertrieben – Pink, Rot, Grün… -, um dann nach nicht allzu langer Zeit zu merken, dass das nicht mein Stil ist und viel zu viel Mühe kostet, sich morgens ein Outfit zusammenzustellen…

Was ist denn nun mein Stil? Inzwischen kenne ich ihn, mache keine Experimente mehr und weiß ihn auch zu schätzen! Ich habe eine Freundin, mit der ich unglaublich gerne shoppen gehe. Ansonsten bin ich lieber alleine unterwegs, weil ich eine eher Schnelle bin. Ich scanne kurz das Angebot und weiß sofort, was ich mit in die Kabine nehme. Aber diese Freundin findet zielsicher für mich mit und weiß genau, was mir gefällt, also muss ich einen Stil haben…

  • Ich liebe wie gesagt Jeans. Man kann so herrlich kombinieren, ohne älter auszusehen, als man in Wirklichkeit ist. Zu nichts passt ein Blazer besser. Zu nichts anderem würde ich Pumps tragen, wenn ich sie denn trage… Als Hundemama liebe ich Sneaker, Gummistiefel und Stiefeletten mit nicht allzu hohen Absätzen.
  • Schwarz ist auch in meinem Kleiderschrank prozentual am häufigsten vertreten. Allerdings dann nicht nur Ton-in-Ton. Ich trage gerne Grau dazu… Zum Beispiel ein grau-schwarz-melierter Fake-Fur-Mantel, den mir mein Mann mal geschenkt hat. Es darf bei mir nicht zu klassisch sein, sonst fühle ich mich nicht wohl.
    Auch Weiß oder Creme gehen immer mit Schwarz… Coco Chanel hat einmal gesagt: „Schwarz ist vollkommen. Weiß auch. Zusammen sind sie pure Harmonie“ – wie recht sie hat!
  • Ich liebe Mode! Allerdings muss ich nicht (mehr) auf Teufel komm raus jeden Trend mitmachen, nur weil es gerade in ist! Ich picke mir meine Favoriten heraus… Diese Saison mochte ich Leo-Print. Obwohl es nicht wirklich neu ist… So hatte ich noch einen Blazer aus dem Jahr davor. Stiefeletten mit Leo-Muster habe ich mir zugelegt…
  • Ich mag es cross-over. Ich bin nicht der Typ für Hosenanzug oder Kostüm, die man gerne klassisch mit Pumps trägt. Ich bin aber auf der Suche nach einem schwarzen Hosenanzug in Slim-Fit, zu dem ich dann Turnschuhe tragen werde.
    Zu Jeans wiederum passen für mich Blazer und Pumps.
  • Ohne Turnschuhe kann ich nicht leben. Ich habe sie in allen Farben, mein Favorit sind weiße, jedes Jahr ein bis zwei Paar neue… Sie dürfen nicht zu globig sein, sollten einen schlanken Fuß machen, sonst fühle ich mich mit Schuhgröße 41 wie ein Elefant…
    Die Tage habe ich beschlossen, im Winter keine Turnschuhe mehr anzuziehen! Denn mit Socken getragen mag ich sie überhaupt nicht. Und ohne ist es lächerlich. Ich stehe auf einer Stufe mit den unvernünftigen Teenagern, die sich lieber den Hintern abfrieren und eine Blasenentzündung riskieren… Ich mag Turnschuhe nicht geschnürt und mit erkennbarer Schleife, das entstellt für mich den kompletten Schuh… Ich lasse die Schnürsenkel mit einer sorgfältig ausgeklügelten Technik nach innen verschwinden.
  • Ich kenne meine Figur, sowohl die Vorzüge als auch die Defizite. Danach ziehe ich mich an und zwar konsequent! Bei mir ist der Spruch „erlaubt ist, was gefällt“ ein No-Go. Von Kopf bis Fuß figurbetont oder ein kurzes Oberteil zu einer engen Hose geht nicht, weil ich eine breite Hüfte habe.
    Ich mag Slim-Fit-Hosen zu langen Oberteilen. Damit einer kurzer Pulli kein Ausrufezeichen hinter meine Hüften setzt, ziehe ich eine lange Bluse darunter, die den Übergang kaschiert.

Ich maße es mir nicht an, Stil neu zu erfinden oder auf Krampf neue Modetrends kreieren zu müssen! Ich hadere mit dem Älterwerden, aber mein Alter bringt auf der anderen Seite die Erkenntnis mit sich, zu wissen, was mir steht! Fehlkäufe werden immer seltener…
Ein wenig bin ich beim Durchblättern der Frauenzeitschriften gelangweilt, denn nur selten ist etwas Neues dabei… Die vielbeschäftigte Modebloggerin, die ich zu Beginn erwähnt hatte, trug einen Oversize-Blazer. Mehr konnte man nicht sehen, weil sie hinter einem Pult saß. Den hatte ich in ihrem Alter auch schon an, gemopst aus dem Kleiderschrank meines Vaters und heimlich für die Schule getragen, hinterher wieder unauffällig in den Schrank zurück gehängt… Ich könnte wetten, dass sie eine Mom-Fit-Jeans dazu kombiniert hat. Wenn sie sich so in zwanzig bis dreißig Jahren auf einem Foto sieht, wird sie sich die Haare raufen…

Ich kann die Lektüre des Buches „How to be Parisian wherever you are“ allen modeinteressierten Frauen nur wärmstens ans Herz legen! Es steht noch so viel mehr Weises und Interessantes darin und ist kurzweilig zu lesen… Es ist so herzerfrischend ehrlich und bildet ein komplett anderes Schönheitsideal ab, welches gerade sein Unwesen treibt…
Es wird eine Generationenfrage sein, aber für mich sind Schönheitsidole wie Romy Schneider, wie man sie aus den Filmen mit Alain Delon oder Michel Piccoli kennt, oder Jane Birkin mit ihrer Zahnlücke nicht vom Thron zu stoßen.
Diese Nische möchte ich gerne bedienen: individuelle, selbstbewusste Frauen mit dem ein oder anderen Makel, aber auf ihre ganz eigene Art zeitlos schön und stilsicher! Nicht ständig auf der Suche nach dem nächsten Trend, einem neuen Chanel-Täschchen oder dem besten Schönheitschirurgen…