Saftiger Rührkuchen und ein Hoch auf den Kochlöffel!
Sind es nicht irgendwie die ewigen Stiefkinder, die einfachen Rührkuchen? Was so eine richtig gute Hausfrau und Bäckerin ist, die versucht sich viel lieber an kunstvollen Torten, je höher, bunter und extravaganter, desto besser! Motivtorten sind in den letzten Jahren unglaublich beliebt. Okay, zum Kindergeburtstag lasse ich mir das gefallen, Kinder essen schließlich auch blaues Schlumpfeis… In meinen veganen Backgruppen bekommen diese Kuchen mit Quadratmetern an verarbeiteten, quietschbunten Fondant-Decken, nachgebildeten Comicfiguren, Autos, Naturlandschaften oder was auch immer die meisten Likes, sie sind eben etwas fürs Auge… Alleine die Einfärbung der Fondant-Masse ist schon eine Wissenschaft für sich.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich mag diese Kuchen nicht! Zu süß, zu künstlich, zu unspektakulär im Geschmack. Deshalb mag ich Torten bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen im Allgemeinen nicht! Ich mag sehr gerne reelle Kuchen. Kuchen, wie unsere Großmütter sie gebacken haben. Fluffigen Hefeteig, knusprige Streusselkuchen, saftigen Marmorkuchen, kernige Nusskuchen und Rührkuchen in allen Geschmacksrichtungen… Man will meinen, dass das nicht so schwer sein dürfte, aber ganz ehrlich: zumindest ich muss sie selber produzieren, denn bei meinen zur Auswahl stehenden Bäckereien gekaufte Exemplare sind für mich sehr ernüchternd. Trocken wie der Wüstensand, süß und fad. Macht nichts… Für mich liegt der Zauber sowieso im Selbermachen.
Seit ich vegan esse, das ist noch nicht mal ein Jahr, hat sich mein Leben grundlegend verändert. Ich bin sehr viel sinnerfüllter und habe ganz andere Ziele im Leben… Und ich habe neue Freunde gefunden! Unter anderem eine mir mittlerweile sehr vertraut gewordene Freundin aus meiner alten Heimat Rheinland-Pfalz, was mich umso mehr freut! Denn da war von Anfang an eine besondere Verbundenheit, nicht nur weil uns unsere vegane Lebensweise verbindet, sondern auch unsere komplette Einstellung zum Leben. Sie ist mittlerweile meine erste Anlaufstelle, wenn ich nicht weiter weiß beim Kochen oder Backen, weil sie schon sehr viele Jahre Veganerin ist. Vor allem liebt sie es auch so bodenständig wie ich, besonders was das Backen anbelangt!
Von ihr kam schließlich die Aussage, dass vegane Kuchen ein Segen seien. Nicht nur weil wir damit das Tierleid mindern, sondern weil sie so schnell gerührt sind und im Backofen stehen. Kein lästiges Aufschlagen der Butter mehr, bis sie cremig weiß ist und das letzte Zuckerkristall sich aufgelöst hat. Man braucht auch keinen Eischnee, damit ein Kuchen luftig wird…
Mein veganer Marmorkuchen war mir misslungen, ganz speckig und wirklich nicht essbar. Obwohl ich nichts anders gemacht hatte, als beim ersten Mal, als er perfekt gelungen war. Dachte ich… Meine Freundin war sich sicher, dass ich zu lange gerührt hatte. In diesem Zusammenhang hat sie mir zum ersten Mal von ihrem hölzernen Kochlöffel erzählt, mit dem sie all ihre fabelhaften Kuchen rühren würde. Ganz kurz nur alle Zutaten mischen, bis sich alles schön miteinander verbunden hat und ab damit in den Ofen.
Ich liebe es und bin immer wieder beeindruckt, wenn sie mir ganz beiläufig von ihren Back-Experimenten erzählt, was alles weg musste und schließlich im Kuchen gelandet ist. Noch ein paar Beeren und Streussel dazu und einfach mal sehen, was daraus wird… Und dann bekomme ich das Bild vom fertigen Kuchen geschickt und erstarre in Ehrfurcht!
Ich lerne gerade viel von ihr! Die Rezepte dieser beiden Rührkuchen sind mehr oder weniger auf ihrem Mist gewachsen. Sie hat mein Marmorkuchen-Rezept abgewandelt, einfach den Kakao weggelassen, Zitronenschale und-saft und Nüsse dazu… Ich hatte zu meinen vegetarischen Zeiten einen Rührkuchen mit Butter und Eiern gepostet, der kam sehr gut an. Den wollte ich sowieso veganisieren, was hiermit geschieht.
Seit Wochen durchforste ich die Küchenabteilungen der Supermärkte nach einem SCHÖNEN Kochlöffel mit Loch. Keine Chance, zumindest entsprach das Angebot nicht meinen Vorstellungen. Im Internet wurde ich schließlich fündig und bereits einen Tag nach seiner Ankunft wurde er seiner wahren Bestimmung zugeführt. Er ist schön groß, mit langem Stiel und durch das Loch gleitet er leicht und widerstandslos durch die cremige Teigmasse. Es klingt auch so schön, wenn der Holzlöffel an die Topfwand stößt. Ganz anders als meine Küchenmaschine, die sich immer lautstark gegen alle akustischen Nebenbuhler durchgesetzt hatte und man immer irgendwie erleichtert war, wenn man den Schalter wieder auf Null stellen konnte. Jetzt darf sie sich ein wenig ausruhen…
Weil ich mich nicht entscheiden konnte, kommen hier gleich zwei Rezepte. Rezepte ist vielleicht zu viel gesagt. Zwei Varianten eines einfachen Rührteiges: einmal ein Zitronenkuchen, zweitens ein Orangenkuchen.
Was soll ich sagen: Das Ergebnis ist so unglaublich gut, himmlisch, göttlich, dass ich schon fast an eine Verschwörungstheorie glaube, dass vegane Kuchenrezepte so geheim sind. Dass immer noch das Leid der Tiere befeuert wird, wegen schnöder Kuchen, die noch dazu viel besser gelingen und auch gesünder sind, wenn man die tierischen Bestandteile weglässt!
Ich kann mich schon jetzt nicht über die Beliebtheit und den Zulauf meines Blogs beschweren… Aber ich hoffe so sehr, dass es noch sehr, sehr viel mehr Leser werden, die ich mit meinen Rezepten überzeugen und erfreuen kann. Ich freue mich über jedes Pfund Butter, jeden Liter Milch und jeden Becher Sahne, die nicht gekauft werden! Denn auch mit kleinen Schritten kommt man irgendwann ans Ziel! Und das Ziel sollte unbedingt eine tierleidfreie Welt sein!
Rezept für Zitronen- und Orangenkuchen
Zutaten
Für den Rührkuchen:
- 500 g Dinkelmehl (Typ 630)
- 1 Päckchen Backpulver
- 250 g Rohrohrzucker
- für den Zitronenkuchen: 1 Bio-Zitrone (Schale und Saft)
- für den Orangenkuchen: Bio-Orange (Schale und Saft)
- 400 ml Pflanzenmilch
- 250 g Pflanzenmargarine
- 10 EL Apfelmus
- Optional: Orangenlikör, Rum
Für den Guss:
- 150 g Puderzucker
- 1 Bio-Zitrone oder -Orange (Saft und Abrieb)
- je 1 EL Orangenlikör oder Rum
Zubereitung:
Backofen auf 180 Grad vorheizen.
Zuerst alle trockenen Zutaten miteinander mischen: Mehl mit Backpulver, dann den Zucker.
Damit die flüssigen Zutaten später nur kurz unter die trockenen gerührt werden, empfiehlt es sich, die Margarine vorher in der Pflanzenmilch auf dem Herd bei niedriger Temperatur schmelzen zu lassen. Die Milch sollte nicht heiß, maximal lauwarm, erhitzt werden, so dass die Margarine darin gerade so zerläuft.
Abgeriebene Schale und Saft von einer Zitrone/Orange (je nach Kuchenart), Apfelmus und Milch-Margarine-Mix unter die Mehl-Zuckermischung rühren.
Für eine Extraportion Aroma sorgen zum Beispiel Orangenlikör im Orangenkuchen oder Rum im Zitronenkuchen, jeweils ein guter Schuss.
So wenig wie möglich rühren und nur so lange, bis sich alles zu einer homogenen Masse miteinander verbunden hat.
Den Kuchenteig in eine gut gefettete Form füllen und für 45 Minuten auf mittlerer Schiene backen.
Eine Stäbchenprobe machen, bleibt Teig daran hängen, noch 5 bis 10 Minuten zugeben. Die Temperatur ausschalten und den Kuchen weitere 10 Minuten bei leicht geöffneter Backofentür ruhen lassen.
Zum krönenden Abschluss, für ein imposantes Aussehen und selbstverständlich für noch mehr Aroma, sollte es dieses Mal nicht nur ein dicker Mantel aus Puderzucker sein.
Die Entscheidung fiel auf einen Zuckerguss. Dafür werden 150 g Puderzucker mit dem Abrieb und Saft je einer Orange oder Zitrone vermischt und glatt gerührt. Ich habe beim Orangenkuchen noch 1 EL Orangenlikör dazugegeben, beim Zitronenkuchen 1 EL Rum.
Am besten den Guss über den noch warmen Kuchen giessen, dann sickert er so schön ein und es entsteht eine Art ‚beschwipster‘ Kuchen. Macht den Kuchen noch saftiger und schmeckt natürlich fantastisch!